Reich und Berühmt.

Kürzlich hab ich mir wieder mal diesen Film angeschaut, „Reich und Berühmt“, beziehungsweise „Rich and Famous“, Manchmal, ich weiss nicht warum, schau ich mir gern Filme über Schriftstellerinnen an. Nicht Filme über real existierende Schriftstellerinnen natürlich, sondern Filme, in denen Schriftstellerinnen vorkommen und sich so benehmen, wie sich Drehbuchautoren das halt vorstellen. Schriftstellerinnen, die nicht schreiben also. Das ist verständlich, denn es gibt nichts Langweiligeres, als einer Schriftstellerin beim Schreiben zuzuschauen (ausser man ist eine Katze: Hola, Chocolate!) Das weiss ich und trotzdem ärgert es mich. Es ärgert mich so sehr, dass ich mich vergesse und den Fernsehbildschirm anschreie: „Ja, dann setz dich doch mal hin und schreib!“, rufe ich. „Kein Wunder bist du blockiert! Du hast ja noch nicht mal einen Schreibtisch!“ Doch natürlich hört wieder mal niemand auf mich. In diesem Film geht es um zwei Freundinnen. Die eine heiratet früh und schreibt höchst erfolgreiche Schundromane, während die andere preisgekrönte „richtige“ Literatur veröffentlicht und dafür allein bleibt. Gegen Ende des Films wird die Schundautorin für einen Literaturpreis nominiert, bei dem ihre Freundin in der Jury sitzt. Es hilft nicht, dass die andere den Mann der einen geküsst hat. Dafür spannt die Tochter der einen der anderen den jugendlichen Liebhaber aus. Überhaupt geht es in erster Linie um Männer und um Liebesdramen. Das ist auch absolut in Ordnung und weitaus unterhaltsamer mitanzusehen als das Schreiben (ausser, man ist eine Katze.)

Ich habe den Film schon einmal gesehen, in den achtziger Jahren, im Kino. Damals fand ich ihn tief und bedeutungsvoll. Damals leuchtete es mir absolut ein, dass die Hingabe ans Schreiben vom Leben bestraft werden musste. Durch Einsamkeit, durch Leiden, durch häusliche Katastrophen. Ich hatte keine Vorbilder, ich wusste nichts. Nur dass Schriftstellerinnen, die sich einbildeten, sie könnten heiraten und Kinder kriegen, früher oder später den Kopf in den Ofen steckten.

Heute glaube ich das nicht mehr. Trotzdem: Eine Schritstellerin kommt um das Schreiben nicht herum. Und logisch, etwas anderes bleibt dabei auf der Strecke. Doch das muss nicht die Liebe sein.

Es geht ums Schreiben, nicht ums Geschrieben haben. Und schon gar nicht darum, reich und berühmt zu werden. Das habe ich letzte Woche in Leipzig wieder gedacht. All die Interviews, die Termine. Natürlich ist es schmeichelhaft. Natürlich gehört es dazu. Aber das Wichtigste bleibt auf der Strecke: Das Schreiben. Die Öffentlichkeit, das Rampenlicht sind nicht die Belohnung für die langen, einsamen Jahre am Schreibtisch, sondern der Preis, den man dafür bezahlt. Für das Privileg des Schreibens. Das hat  mein Ex-Verlobter John Irving (der allerdings nie etwas von unserer Verbindung wusste) in dem Film „John und wie er die Welt sieht, viel besser gesagt.

Es geht ums Schreiben, nicht ums Geschrieben haben. Ausser, man ist ene Filmfigur. Oder eine Katze.

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9 Kommentare

Kommentare

  1. Danielle meint

    Es gibt sie, diese Texte die lächelnd mitten ins Gesicht schreien. Der da oben ist einer davon.

    Ein Lektor mit Hirn und Herz sagte mir kürzlich, ein Autor sollte schreiben. Nichts anderes. Um das Marketing, und das muss sein, weiss jeder, sollten sich Menschen kümmern, die das können.
    Um eben dem schreibenden Menschen Raum und Zeit zu geben, das zu tun, was er wirklich kann: Schreiben.

    Heute ist es so, dass jeder Autor sich um die Verkaufszahlen der Bücher kümmern muss. Präsent sein, überall. Lesungen halten. Mails beantworten. Im Netz verfügbar sein, Facebook und Twitter und all das. Sich verkaufen als Traum eines Schriftstellers, der auf einer Hermes an einem alten Schreibtisch aus Holz Bücher schreibt.

    Lg,

    D.

  2. Bernd meint

    Bei Rosy’s Rising (Misery, 1990)
    geht’s ums Schreiben;
    ums Geschriebene;
    ums noch zu Schreibende.
    Annie W. ist gar nicht begeistert, dass ihr Lieblings-Autor Paul S. ihre Traumfigur Rosy einfach so sterben lässt, fallen lässt, total abgeschrieben!
    Paul gerät in den Winterbergen von Colorado von der Strasse und landet mit gebrochenen Beinen im Tobel und wartet mangels Handy auf sein Ende.
    Annie rettet ihn, pflegt ihn, päppelt ihn wieder auf und bietet ihm – neben Kost und Logis – Abgeschiedenheit, Ruhe und viel Zeit, damit er ihr schlankes, attraktives, gut aussehendes Idol – ihr bares Gegenteil – wieder aufleben, neu erstehen lässt. Sie besorgt Schreibmaschine, genug Farbbänder und Papier und erkundigt sich regelmässig liebevoll bezüglich Fortschritt der Story.
    Damit er ihr nicht aus ihren Fittichen entwischt vor dem erhofften Finish, bricht sie ihm – kaum verheilt – mit einem Vorschlaghammer beide Füsse.
    Auch der Dorfpolizist muss wegen Ruhestörung dran glauben und im Kohlenkeller verstauben.
    Das Happy End? Meines Wissens landete der fertige 600-seitige Knüller am Schluss mit Schuss im Ofen.
    Im Showdown bringt Paul Annie um, sie ist ganz tot, definitiv – glaub’s.
    Aber so genau weiss das niemand bei Stephen King („Sie“)

  3. Anna Esposito meint

    Liebe Milena, ich muss kichern, denn ich habe Thelma und Louise angeguckt am Samstag, weil ich den Wüstenhimmel darin in Erinnerung hatte. Den gleichen, den du, so schön beschreibst im Glücksbuch. Und ich war nach dem Unhappy End auch sehr glücklich zu erkennen, dass wir wilde Weiber uns heute für die Freiheit entscheiden können und! es überleben. Auch wenn wir dafür in einen emotionalen Grand Canyon fliegen und erst dann merken: We are The Thunderbirds and we can fly!!!

  4. Franziska Spreiter meint

    Liebe Milena Moser, in letzter Zeit kriege ich wieder Gänsehaut, wenn ich Ihre Texte lese. Ob das an Ihnen, an Ihren Texten oder an mir liegt? Keine Ahnung, auf jeden Fall wird es mir fehlen. Herzliche Grüsse, Franziska Spreiter

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