So sieht es aus:

Die näcshten drei Jahre lewbte ich opraktisch bei £Elisa. Ich ging nach der Schule zu ihr, übernachtete dort, oder ging nach dem Abendessen nahchhause. Wenn ich nicht im kranknehaus war, wa ich bei Elisa

SDu armes Mädchen, schon wieder der Mgen, fragge Vera.

OIch zuckte mit den Schuktern. Man konnte nichts finden bei mir. Warum ich immer wieder krank wude, erbrechen msuste, mit der Sone dernöhrt mit der infussion.

So sieht es aus, wenn ich schreibe. So sieht mein erster Entwurf aus. Kein Wunder, bin ich vor Jahren aus einer sprachwissenschaftlichen Studie geflogen: Das Computerprogramm konnte meinen ersten Entwurf keiner bestehenden Sprache zuordnen. Den ersten Entwurf liest ja sonst keiner. Nicht einmal ich. Ich presche weiter, weiter, den Wind im Gesicht. Ich korrigiere nichts. Es ist noch nicht die Zeit dafür. Erst, wenn ich glaube, die Geschichte, die ich hier erzähle, fertig erzählt zu haben, fange ich an zu korrigieren, zu überarbeiten, zu streichen, zu ergänzen, zu büschelen. 10’000 Zeichen pro Tag heisst nicht 10’000 „schöne“ Zeichen!

Und deshalb bin ich versucht, mir an den Tagen, an denen ich „schön schreiben“, das heisst, fertige Texte abliefern muss, einen Dispens zu geben. Schliesslich braucht das viel mehr Zeit. Aber das gilt nicht. Andere Leute arbeiten schliesslich auch. Niemand, nicht einmal eine Schriftstellerin, hat den Luxus, „nur“ zu schreiben.

8.1.:  6018 Z.    9.1.: 0 Z (Theatertext 3600 Z).    10.1.: O Z ( 2 Kolumnen 7724 Z)

Seit ich angefangen, „schnell“ statt schön zu schreiben –

Mein Gott, was hab ich bloss heute mit den Anführungs- und Schlussstrichen? Glaube ich mir etwa selber nicht? Zu Recht: Ausreden! Ausreden! Ausreden! –

haben sich Sprünge in den Figuren gezeigt, die mir gar nicht gefallen. Abgründe liegen dahinter. Ich kann sie erst ahnen. Rabenschwarz und bodenlos. Besonders zwischen Erika und ihrer Tochter ist etwas, vor dem mir graut. Ich weiss nicht genau, was. Ich weiss nur, dass ich nicht die geringste Lust habe, in diese Abgründe zu steigen. Aber wer bin ich, über meine Figuren zu bestimmen? Oder gar zu urteilen?

OK. Ich habe gerade die Küche fertig aufgeräumt und es schlägt erst acht. Tatort war gestern. Oder Vorgestern? Vollmond auch. Genug der Ausreden. Ich setz mich also noch einmal hin.

Eine Stunde später: 8241 Z. Nicht zehntausend. Aber auch nicht Null. Ich habe nur kurz in den Abgrund geschaut und dann Nevada besucht. Auch da: Heulen und Zähneklappern. Aber als ich gerade angeekelt aufgeben wollte, tauchte dieser junge Mann auf. Und rettete mich. Ich meine Nevada. Ich meine die Geschichte.

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5 Kommentare

Kommentare

  1. Gise Kayser-Gantner meint

    … heute habe ich es geschafft: ca. 10.000 Zeichen. Nachzulesen auf meiner HP.
    ;->> ! Das musste sein, denn sonst glaube ich es selber kaum. Und tröstlich, dass Du auch so interessante Buchstaben kombinierst. Ich habe an manchen Tagen bestimmte Zeichen, die ich nie schreibe – und es rumort so eine Idee in meinem Kopf herum, dass man daraus ein Manuskript ableiten könnte … die Wörter und warum … der Sonntag rutscht näher … Gise

  2. Karin Braun meint

    Mir fällt es immer noch schwer Fehler nicht umgehend zu korrigieren. Aber so langsam schaffe ich es. Da war das regelmäßige kreative, intuitive Schreiben eine grosse Hilfe.
    Macht Mut das auch die ersten Entwürfe von einer Profi-Autorin so aussehen. :-) Danke dafür.
    Liebe Grüße aus Kiel
    Karin

  3. Sascha meint

    Wow, Milena, 8241 Zeichen in einer Stunde! Ich habe gerade mal 3507 Zeichen in knapp 40 Minuten geschafft. Vielleicht müsste ich auch alles stehen lassen, wie es gerade getippt wird. Doch sobald ich einen Tippfehler sehe, verbessern ihn meine Finger gleich (sozusagen meine „déformation professionnelle“ ;) ) Zum Glück sehe ich nicht jeden Fehler… und dank dem Kurs bei Dir lasse ich wenigstens die Satzstellung und Wörterwahl beim ersten Entwurf stehen.
    Eine Frage: Schaust Du beim Schreiben überhaupt auf den Bildschirm ?
    Ich freue mich schon auf den nächsten „Zwischenbericht“, Anführungs- und Schlusszeichen scheinen ansteckend zu sein.
    Herzlicher Gruss, Sascha
    P.S.: Milena ist ein sehr schöner Name – Kafka hin oder her! :)

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