Es ist also offiziell: Mein erster veröffentlichter Roman, mein zweites Buch, «Die Putzfraueninsel», gilt als Weltliteratur. Und ist im Stall gratis zu haben, zwischen Mann und Muschg, aus rein alphabetischen Gründen, nehme ich mal an. Eine Freundin hat diese Entdeckung auf einer Wanderung gemacht und mir sogleich die Bilder zugeschickt.
Ich hab ja selbst nicht einmal eine Matur, das ist das eine. Ich habe das Gymnasium nach einem kurzen Gastspuel nicht ganz freiwillig verlassen. Meine Mtuter hatte lange noch einen Brief aufbewahrt, in dem mein damaliger Klassenlehrer (und Rektor) die Hoffnung äusserte, ich würde meine «eigenwillige Persönlichkeit» auf meinem späteren Lebensweg einmal «irgendwie einsetzen» können. Das ist mir wohl gelungen, allerdings blieb immer eine leichte Beschämtheit zurück. Ein nagender Zweifel, ob ich die Schule nicht doch geschafft hätte, wenn ich sie nur ein bisschen ernster genommen hätte, oder ob ich wirklich nicht «gut genug» war. Statt meiner sitzt nun meine Putzfrau Irma Zweifel im Klassenzimmer, wird zerpflückt und diskutiert und neu zusammengesetzt. Hin und wieder kriege ich auch Zuschriften von Schülern, die sich darüber beklagen, dass im Internet keine Zusammenfassung zu finden sei und mich fragen, welcher literarischen Epoche ich dieses Buch denn zuordnen würde. «Meinem Jugendwerk», antworte ich dann.
Ach, die Putzfraueninsel! Was für ein Buch: Sechs Jahre lang von allen Verlagen abgelehnt, schließlich mit Hilfe von grosszügigen und tatkräftigen Freunden im eigens dafür gegründeten Krösus Verlag wunderschön verlegt, von der Kritik in tausend Stücke zerfetzt, dann von der heute nicht mehr existierenden Taschenbuchreihe rororo neue frau übernommen und über die Jahre zum Longseller mutiert. Sie wurde sogar, wenn auch in sehr veränderter Form verfilmt. Und sie ist Klassenlektüre. «Weltliteratur». Wenn das möglich ist, meine Lieben, dann ist alles möglich. Und deshalb erzähle ich Euch das.
Liebe Schreibende da draussen, die ihr euch fragt, ob ihr eine Chance habt, ob ihr je verlegt, gelesen und verstanden werdet. Die ihr zweifelt, ob das alles einen Sinn macht, die Mühe lohnt, ob ihr allein seid. Alles ist möglich. Denkt an Irma Zweifel, die nicht umsonst so heisst. Denkt an mich. Wenn ihr Absagen sammelt oder schlechte Kritiken einsteckt, denkt daran: In dreissig Jahren seid ihr vielleicht «Weltliteratur aus dem Stall»!
Anneliese Odinga meint
Ich freue mich auch, dass ich Etwas schreiben darf. Ja, es gibt (fast) nichtsSchöneres als zu schreiben.
Dieses alltägliche anzuhalten und in eine andere Welt einzutauchen, sind mal lehrreich – unterlegt mit Spannung und Lebensfreude.Minuten, Stunden, Sekunden, in denen man richtig frei ist. Kostbar schön!
Täglich stehe ich um 1 Uhr nachts sogar ohne Wecker auf- putzmunter und geniesse den Rest „Leben“ .
Mit 79 Jahren steht die Ewigkeit schon offen, für die , Die ein prall erfülltes Leben in täglicher Spannung empfinden und fühlen durften.
Ich muss aufhören,sonst bin Ich kaum
noch zu stoppen.
Ihnen wünsche ich nur Gutes – auch in Ihrem Umfeld und immer etwas Licht in den Schatten, dann schaffen wir unsere vielfältige Zeit.
Beste Grüsse aus Wetzikon an sie und Ihr Umfeld. Lg Anneliese
Genau diese Erinnerungen zu komplimentieren
Milena Moser meint
Liebe Anneliese
aus unerfindlichen Gründen ist dein schöner und berührender Kommentar in der Spamschublade gelandet – keine Ahnung warum! Deshalb die verspätete Antwort und Veröffentlichung – aber mein Dank kommt nicht weniger von Herzen.
Geniesse das Leben morgens um eins!
Alles Gute
Milena
Beatrice Bodenmann Plüss meint
Die Putzfraueninsel hat mir damals mein heutiger Schwager ausgeliehen, ungläubig und mit grosser Freude habe ich dieses Buch gelesen, diese Geschichte, dieser Humor, frech und auch etwas traurig. Bald 30 Jahre ist das her, der Name des Buches erinnert mich sofort wieder an das Gefühl beim Lesen und daran, wie mich diese Geschichte beeindruckte und erfreute. Ein Glück, dass dieses Buch veröffentlicht wurde. Es gibt Bücher, die ich gelesen, aber keine Ahnung mehr von der Geschichte habe. In letzter Zeit passiert mir das häufiger, etwas beunruhigend, vielleicht weil ich in einigen Tagen 60 werde? Meine 87jährige Schwiegermutter liest immer noch viel, bringt uns Zeitungsartikel, die uns interessieren könnten, sagt, sie habe den Inhalt vergessen. Allerdings sagt sie schon seit bald 30 Jahren, sie sei vergesslich geworden. Manchmal frage sie sich, weshalb sie noch lese, wenn sie alles wieder vergesse…
Das Schiff der Matrosen, ein Fortsetzungsroman im Tagesanzeiger, den habe ich auch geliebt und kaum die Fortsetzungen abwarten können, denn die einzelnen Folgen nahmen manchmal so unerwartete Wendungen. Ist auch ein Weilchen her, aber ich erinnere mich genau, wie ich einmal mehr in der Morgendämmerung im Tram sass, es schneite gerade, ich wollte unbedingt wie immer die Folge vor dem Aussteigen zu Ende lesen und fuhr vor lauter Spannung eine Station zu weit und musste murrend zurücklaufen. Oder ich sass im Tram, lachte beim Lesen: „Ha, ha ha“, blickte auf und merkte, dass ich nicht allein war. Plötzlich war die Geschichte mittendrin, wie ich fand, zu Ende, es gab keine Folgen mehr und dabei wollte ich so gerne das Baby kennen lernen. War die Frau schon im Gebärsaal oder kam sie gleich in den Gebärsaal, das weiss ich nicht mehr, jedenfalls war es grad wieder hochspannend und ich war so enttäuscht und hoffe immer noch auf eine Fortsetzung…
Jetzt hoffe ich wie jedes Jahr, dass es an meinem Geburtstag ein neues Buch von Milena Moser gibt, wenn nicht, lese ich inzwischen die Kolumnen.
Danke, danke, danke und alles Liebe und Gute Beatrice
Milena Moser meint
Danke liebe Beatrice!
Ja, der Fortsetzungsroman «Das Leben der Matrosen» war eine spannende Aufgabe für mich. Es hat definitiv Spass gemacht. Aber es war halt zeitlich begrenzt. Ausser diesen beiden habe ich aber noch 20 weitere Bücher veröffentlicht, die dich hoffentlich bis zum Erscheinen des nächsten Anfang des nächsten Jahres unterhalten können.
Alles Gute dir und herzlich
Milena
Meyer meint
Liebe Milena
Ich schreibe seit Jahren an einer Chronik über das Dorf am Oberen Hauenstein. Das Spezielle dabei ist: kurze Textblöcke, viele Bilder …. und endlich auch die Geschichte der Frauen im Dorf: die Hexenverfolgung im Baselbiet, die Frauenrechte im 19. Jahrhundert bis heute, das Leben im Dorf usw. Die ersten Kritiken über das 530-seitige Manuskript von Fachleuten (meist Frauen) sind sehr gut. Dennoch nagt der Zweifel, da ich keine Fachausbildung habe, sondern begeisterte Hobby-Chronikerin bin.
Ja, ich kenne das Gefühl, wenn das „Diplom an der Wand“ fehlt und die Schreiblust dennoch nicht nachlässt. Deshalb, herzlichen Dank Milena, für Deine guten Worte rund um Irma Zweifel und die Weltliteratur.
PS: Was mich trotz meiner Unsicherheit motiviert weiterzuschreiben und das Buch hernach im Eigenverlag zu veröffentlichen: ich möchte die Geschichte der Menschen aus unserem Passdorf umfassend und bilderreich erzählen – auch die der Frauen!
Herzliche Grüsse „Irene Zweifel“
Milena Moser meint
Liebe Irene
das verstehe ich sehr gut! Und ich finde es toll und richtig, dass die Lust am Schreiben, am Erzählen, am Festhalten der Geschichte trotz allem stärker ist als die Selbstzweifel! Alles Gute damit!
Milena
Antonia meint
Liebe Milena,
und dass noch vor Schiller! So ist das manchmal mit den Texten, erst will sie niemand veröffentlichen und dann werden sie zur Weltliteratur erklärt. Großartig!
Liebste Grüße
Antonia
Antonia meint
So sehr habe ich mich gefreut, dass ich die richtige Schreibung vernachlässigt habe. Das erste „das“ im Kommentar natürlich mit einem „s“.
Freue mich immer noch.
Antonia
Milena Moser meint
Ach, nach x Rechtschreibereformen kann ich das nicht mehr so ernst nehmen! :-)
Milena Moser meint
Danke, liebe Antonia!